Fotomedien vertreten heute gerne die Meinung, dass die analoge Fotografie, also das Fotografieren mit Film, wieder zunimmt. Ohne Zweifel gilt das für Sofortbild-Material. Heute werden mehr Sofortbild-Kameras verkauft als vor der Jahrtausendwende. Dem Film, der nach der Belichtung im Fotolabor entwickelt werden muss, ist dieser Erfolg nicht beschieden. Die heutigen Film-Hersteller sind sehr bemüht, in einem arg geschrumpften Markt mit einem erheblich kleineren Sortiment zu bestehen und verbreiten Optimismus. Fragen Sie mal Ihrem Bekanntenkreis, wer noch oder wieder Filme belichtet und wie viele dies jährlich sind. Es wird nicht mehr häufig vorkommen. Von einem echten Comeback kann keine Rede sein.
Aber es gibt den Film noch und bei jungen Trendsettern stößt er auf Interesse. In Berlin eröffnete jüngst das Fotogeschäft Click & Surr für analoges Bildmaterial und historische Kameras. Die gebrauchten Geräte werden gereinigt und überholt, um anschließend mit Gewährleistung wieder in den Handel gebracht zu werden. Auch kann man bei Click & Surr alte Fototechnik zur Reparatur abgeben. Nicht alles ist machbar oder ökonomisch sinnvoll, aber oft ergibt sich eine Lösung.
Ansonsten wird viel analoge Technik über das Internet verkauft. Noch immer sind Schnäppchen zu machen, jedoch haben Alterungsprozesse auch bei Kameras stattgefunden, insbesondere bei den späteren analogen Kameras mit vielen Kunststoffteilen. Durch das Entweichen von Weichmachern, Versprödung und Schrumpfung gibt es technische Ausfälle. Ausgelaufene Batterien in den Kameras, verharztes Öl und mechanische Defekte bilden weitere Risiken. Inzwischen können viele Anbieter die Fusionsfähigkeit analoger Fotoapparate gar nicht mehr sicher prüfen und somit sinkt die Trefferquote beim Handel über das Internet.
Fotobörse als Alternative zum Internet?
Alternativ gibt es in den Großstädten regelmäßig Fotobörsen, deren Termine im Internet bekannt gegeben werden.
Dort kann man zahlreiche Kameras aller Marken und Epochen begutachten und meistens auch zu einem fairen Preis erwerben. Hier besteht die Möglichkeit, die Kameras auszuprobieren und die zumeist älteren Standbetreiber sind gerne bereit jüngeren Fotografen, die noch wenig Erfahrung mit den alten fotografischen Verfahren haben, Tipps zu geben und auch die Funktionsweise einer Kamera zu erklären.
Berlin gilt in Deutschland als Hochburg der analogen Fotografie. Wo, wenn nicht hier, sollte eine Fotobörse auch bei jüngeren Leuten Interesse wecken?
Fotobörse als Alternative zum Internet?
Am 4. Februar 2018 fand eine Fotobörse im Logenhaus in der Emser Straße in Berlin (Wilmersdorf) statt. Wenn mich nicht alles täuschte, war ich in den späten 1980ern als Student erstmals genau dort zu einer Fotobörse und zuletzt wohl vor über 10 Jahren.
Ich fuhr hin, um zu sehen, ob der neue analoge Aufbruch auch dort angekommen war.
Die junge Dame an der Eingangskasse beschäftigte sich mit ihrem Tablet. Der Altersunterschied zwischen ihr und den Besuchern, (ich und die,) die vor mir anstanden, dürfte jeweils mindestens 25 Jahre betragen haben. Ansonsten ähnelte der Besuch einer Zeitreise. Ich ging die Treppe hoch und oben waren dieselben Räume wie früher belegt und genau so ausgestattet. Auf den Tischen lag zumeist alter Krempel. Hätte es nicht hier und dort auch einige Digitalkameras gegeben und ein paar neuere Objektive, hätte man das Ganze auch als eine Veranstaltung aus dem Jahre 1990 betrachten können. Sachen für das Fotolabor waren kaum vertreten. Einige Entwicklerdosen waren erhältlich, aber eine Dunkelkammerlampe oder ein gutes Vergrößerungsgerät suchte ich vergeblich.
Betagte Akteure
Die Anbieter und Besucher waren meist über 50 und vielfach bereits im Rentenalter. Der Nachwuchs fehlte völlig. Warum gab es hier keinen Stand von Polaroid, Fotoimpex (Adox) und von Lomography oder von einem Startup mit einer pfiffigen Idee? Warum verkaufte hier keiner das Magazin PhotoKlassik? Wo waren die Akteure von analogueNOW, einer Berliner Initiative zu analogen Fotografie?
Schöne 3D Fotos
Spannend war der Stand zweier älterer Herren über die Raumbildfotografie. Es sah nicht so aus, als ob sie etwas verkauften, sondern nur dort waren, um den Besuchern ihre beeindruckenden Stereofotos auf jeweils zwei 6 × 6 Dias zu zeigen. Sie hatten am Stand einige Spezialanfertigungen, nämlich zusammengesetzte Kameras für Mittelformatfilm mit zwei Objektiven. Die Betrachtung der Bilder durch ein spezielles Gerät zeigte eine erheblich bessere Qualität als sie mit digitalen Stereobildern möglich war, wie bsp. mit der Zeiss VR One, in die ein Smartphone als Display gesteckt wird.
Frischer Wind fehlt
Fazit: Die Fotobörse ist eine Rentnerveranstaltung, die das Potenzial außer Acht lässt, jüngere Akteure einzubeziehen, um synergetische Effekte für alle zu erwirken. Auch ist es nicht nachvollziehbar, dass gerade die in Berlin zahlreichen Protagonisten der heute noch praktizierten analogen Fotografie dort nicht vertreten sind. Um der altbackenen Fotobörse frischen Wind einzuhauchen, ist eine konzeptionelle Änderung nötig.
Treffend beschrieben. Auch Veranstalter werden älter und haben vielleicht zu wenig Kontakt zu den lokalen jungen Fotografen. Vielleicht ist ein Generationswechsel angesagt, der sich nicht nur auf die Dame an der Kasse beschränkt, um eingefahrene Wege zu verlassen. Die Szene Flohmärkte und Ebay-Kleinanzeigen sind übrigens eine starke Konkurrenz. Allerdings kaufen dort auch ältere Semester ein, die meistens ganz gut mit der Computertechnik umgehen können.
Ich hab das hier in der Schweiz nicht anders erlebt. Bei den Jungen stehen halt mittlerweile zig andere Kanäle im Vordergrund. Stichwort Facebook etc. Anlässe dieser Art sind definitiv zur Zeit uncool 🙂 und erinnern an Vorträge im Kirchgemeindehaus oder an Diaabende. Mit solchen Veranstaltungsformen kann man heute ausser den Gruftis kein Bein mehr locken. Zeitgeist, halt.
Entweder es sucht jemand auf Kamerabörsen/Fotobörsen Equipment zum Fotografieren oder zum Sammeln. Wo ist das Problem, sich dorthin zu bewegen und eventuell beraten zu lassen? Die Oldies/Grufties haben nämlich fundierte Ahnung. Vom Rumstehen, Rumblödeln und Fazzebuk schauen werden die Händler ihren Kram nicht los und können auch nicht die Standmiete, Fahrkosten und Ankaufspreise abdrücken. Also erst mal Überlegen, bevor kritisiert wird. Wenn man nach einem Vergrößerer fragt, gibt es eigentlich immer jemanden, der sowas im Lager hat, nur den schleppt man nicht mal eben mit, auch wegen dem Platz. Und überhaupt: selbst einen Stand machen, Clique einladen und mal sehen wieviele dann kommen und kaufen