Bilderdiebstahl III. Wie viel in Rechnung stellen?

Fotos sind von umsonst bis sehr teuer zu bekommen. Die monetäre Einstufung hat selten etwas mit der Qualität zu tun. Der eine stellt hervorragendes eigenes Bildmaterial bei Wikipedia ein und erlaubt jedem die kostenfreie Verwendung. Der andere produziert Fotos für Pennystock-Agenturen und hofft auf Verkäufe in hoher Stückzahl zu jeweils sehr niedrigen Sätzen. Andere orientieren sich an Tarifen, die von Autorenverbänden mit den Medien vereinbart wurden. Zudem berufen sich Bildanbieter in Deutschland gerne auf die Honorarübersicht der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM), die von Gerichten in Streitfällen häufig als Entscheidungsgrundlage verwendet werden.
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Hinweis: Der nachfolgende Text stellt die aktuelle Sichtweise des Autoren Thomas Gade zum Thema dar und ist keine juristische Beratung. Für schädliche Folgen für das Vorgehen in gleicher oder ähnlicher Art übernimmt der Autor und dieses Medium keine Verantwortung. Falls Sie, liebe/r Leser/in  mit der thematischen Problematik zu tun haben, wenden Sie sich im Zweifelsfall an einen Rechtsanwalt und/oder einen Medienverband.
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Die Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) veröffentlicht jährlich Durchschnittswerte der im Vorjahr am Markt erzielten Honorare. Die Angaben stammen von den der MFM angeschlossenen Bildagenturen, Fotografen und anderen Organisationen. Durchschnitt bedeutet, dass es Spannbreiten gibt. Daher sind die Werte für den Einzelfall unverbindlich und zur Orientierung gedacht. In der Branche werden die MFM-Werte mitunter als Honorarempfehlungen bezeichnet. Was bedeuten sie in der Praxis? Angenommen ein Unternehmen möchte ein Foto sechs Monate lang auf seiner Unternehmens-Website einbinden. Die aktuelle MFM-Honorarübersicht weist als Wert 270 € aus. Ist die Website mehrsprachig, werden für denselben Zeitraum 490 € genannt.

Der Betreiber der Imbissbude an der Ecke wird solche Preise nicht akzeptieren. Selbst die große, gut laufende Gastwirtschaft mit Biergarten wird vor solchen Preisen zurückschrecken, zumal eine  Präsentation im Internet mehrere Bilder benötigt. Aber eine große Hotelkette dürfte den Preis in Ordnung finden. Ein weltweit agierender, börsennotierter Konzern wird ein Mehrfaches von diesem Betrag für selbstverständlich halten. Bei der Formulierung von Rechnungen für nicht genehmigte Bildverwendungen ist ein gutes Gespür für das im jeweiligen Fall erzielbare Honorar wichtig.

Empfehlung: Bei einer nicht autorisierten Bildnutzung fehlt üblicherweise der Bildnachweis oder ein Urhebervermerk. Dafür wird ein Zuschlag von 100 % berechnet. Ein weiterer Honorarzuschlag in Höhe von 100 % des Grundhonorars wird für die nicht autorisierte Verwendung aufgesetzt. Im Rahmen der Rechnung sollte man diese Punkte klar nennen, eventuell sogar mehrfach.

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Das kann so aussehen:

Für die Berechnung von Bildhonoraren orientiere ich mich an der aktuellen Liste der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM).

Ihre bisherige Bildnutzung kalkuliere ich folgendermaßen: Für die Bildeinblendung in drei Formaten auf individuellen Webseiten in 3 wählbaren Sprachen nebst der Einzelbilddarstellung veranschlage ich als Grundhonorar 220 € zuzüglich einem 100% Aufschlag für den unterlassenen Bildnachweis zuzüglich einem Aufschlag von 100 % für die nicht autorisierte Verwendung.

Grundhonorar für die bisherige Bildnutzung wie oben beschrieben                            220,- €

Honoraraufschlag für die Unterlassung des Bildnachweises von 100% *                    220,- €

Reduzierter Honoraraufschlag für die nicht autorisierte Verwendung von 100%          220,- €

Recherche und Dokumentation                                                                               40,- €

Total:                                                                                                               700,00 €

Dazu kommt das Gedöns mit der Umsatzsteuer.

(Sorry für die miserable Formatierung der Zahlen. Die Tabs aus dem Schreibprogramm werden nicht richtig übernommen.)

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MFM-Honorarlisten maßvoll anwenden

Die Imbissbude an der Ecke wird bei dem Betrag kaum mitgehen. Im realen Leben wird man dem Betreiber verklickern, dass er unter das Bild einen Quellennachweis nebst Link zur betreffenden Webseite einbaut. Dafür gibt es gelegentlich einen Döner oder ein halbes Hähnchen für lau über den Tresen.

Einem global führenden Limonade-Hersteller würde ich diese Rechnung ebenfalls nicht schicken. Mal abgesehen davon, dass aus dieser Richtung keine ungenehmigte Benutzung zu erwarten ist, hat die Website eines bedeutenden Weltkonzerns sehr viele Zugriffe, die ganz weit über den kümmerlichen Besucherzahlen der Imbiss-Website liegen. Mindestens eine Verdoppelung des von der MFM genannten Honorars ist in Ordnung. Auf der Website von Coca-Cola sehe ich keine Quelle-/Urhebervermerke neben den Fotos. Mit Sicherheit ist dies mit den Bildanbietern vereinbart worden und wird monetär abgegolten. Falsche Bescheidenheit ist hier fehl am Platz.

Zeitungen haben in der Regel Sätze, nach denen sie Bildanbieter bezahlen. Der DJV hat jüngst ‘gemeinsame Vergütungsregeln’ veröffentlicht. Die Liste enthält entsprechende Zahlen, die als Mindesthonorare gelten. Angenommen, wir finden eines unserer Bilder ohne Genehmigung in einer bedeutenden Tageszeitung (Druck oder Internet) und kommen anhand der DJV-Liste und den MFM-Honoraren zu dem Schluss, dass diese Verwendung mit 72 € bei einer voraus erfolgten Vereinbarung angemessen honoriert worden wäre, sollte die nun gestellte Rechnung die 72 € als Grundhonorar zuzüglich 100 % Aufschlag für den fehlenden Urheber-/Bildnachweis und, wie im obigen Beispiel stehend, zuzüglich 100 % Aufschlag für die nicht autorisierte Verwendung aufführen. Also 3 x 72 €. Zusätzlich berechnet man eine kleine Pauschale für die Recherche und Dokumentation. Im Prinzip kann jeder selbst entscheiden, wie viel er dafür aufsetzt. Beispielsweise kann man festlegen, dass diese Pauschale 10 % von dem Bildhonorar mit den Zuschlägen beträgt, aber minimal 30 € und maximal 200 €. Diese Regelung sollte man in einer Preis-/Leistungsliste  auf seiner Website nennen, damit der Betrag nachvollziehbar wird.

Zuschlag für ungenehmigte Nutzung

Der Honorarzuschlag in Höhe von 100 % für die nicht autorisierte Bildnutzung ist eine Art Strafe, die in Gerichtsverhandlungen bis zum fünffachen des Grundhonorars durchgesetzt wurde. Das heißt keinesfalls, dass dies in jedem Fall möglich ist. Ohnehin sollte man sich außergerichtlich einigen, denn der Gang zum Gerichtssaal ist aufwendig und man sitzt/steht nicht immer vor sachkundigen engagierten Richtern.

Taktisch günstig kann es sein, in den AGB einen Honorarzuschlag in Höhe von 300 % für Urheberrechtsverstöße zu nennen, der bei einer  nicht genehmigten Nutzung in Rechnung gestellt wird. Darauf beruft man sich beim Formulieren der Rechnung. Aber Vorsicht, die AGB sind Bestandteil eines Vertrags, der bei einer nicht genehmigten Nutzung eines Bildes gar nicht zustande gekommen ist! Daher ergibt sich daraus meistens keine Begründung der Forderung. Im Streitfall ist dieser Punkt heikel und treibt den Streitwert beträchtlich nach oben. Die Kosten der Anwälte und des Gerichts orientieren sich am Streitwert und bei einer übertriebenen Form kann man ein Verfahren gewinnen und trotzdem viel Geld bezahlen, weil die gerichtliche Schadensbewertung sehr viel niedriger liegt als der ursprünglich geforderte Schadensersatz.

Ein weit gesteckter Rahmen für diesen Honorarzuschlag bietet den Spielraum für Rechnungsstellungen, aus denen ein weites Entgegenkommen erkennbar ist. Er kann so formuliert werden:

“Zur Güte kalkuliere ich den Honoraraufschlag für die nicht autorisierte Verwendung mit 100% (anstelle von 300% gemäß AGB) vom Grundhonorar, sofern Sie den vollen Rechnungsbetrag bis zum xx. yy. zzzz auf das nachstehend genannte Konto überweisen.”

Ist die Rechnung raus, gilt abzuwarten, ob sie akzeptiert wird oder der ertappte Bildnutzer nachverhandelt. Grundsätzlich sollte man offen sein für Nachverhandlungen, wenn die andere Seite vernünftige Vorschläge macht. “Du forderst 500, ich gebe dir 300.”, ist akzeptabel, wenn dadurch ein nerviger Rechtsstreit vermieden wird. Wir liegen damit immer noch deutlich über dem Grundhonorar. Die Differenz entschädigt uns teilweise für weitere, nicht entdeckte ungenehmigte Bildnutzungen von anderen und den Aufwand, den wir durch die jeweilige Sache hatten.

Weitere Nutzung

Wie geht es weiter mit solchermaßen entdeckten Bildern? Sollen sie nach der Bezahlung aus dem Web verschwinden? Es ist unwahrscheinlich, dass die andere Seite zusätzliches Geld für die  Weiterverwendung bezahlt. Also machen wir das Beste aus der Situation und bieten gegebenenfalls folgendes an:

“Mit der fristgerechten Zahlung des in Rechnung gestellten Betrages wäre die weitere Nutzung wie oben beschrieben abgegolten, sofern dem Bild der Vermerk ‘Foto: Dein Name’ (mit einem Link zu meiner Website) hinzugefügt wird. Jedwede darüber hinausgehende Bildnutzung ist gesondert zu vereinbaren und zu honorieren.”

Unterlassungserklärung

Sie wird im Zuge von Abmahnungen neben übertrieben hohen Summen von Urheberrechtsverletzern eingefordert. Sinngemäß besagt sie: “Okay, ich weiß Bescheid, ich mache das nicht wieder. Sollte ich es doch tun, akzeptiere ich eine hohe Strafe.” Im Fotografenalltag ist die Unterlassungserklärung selten konstruktiv und sinnvoll. Angenommen, wir haben in einem Medium eines großen Verlages eine nicht genehmigte Bildnutzung entdeckt, sind die Aussichten auf das Erwirken einer solchen Unterlassungserklärung gleich Null, denn die Wahrscheinlichkeit, dass eine weitere nicht genehmigte Bildnutzung in der ungeheuren Menge von Veröffentlichungen dieses Verlags zu Tage kommt, ist nicht gering. Fehler werden überall gemacht, auch in Verlagen, deren Mitarbeiter die Marktregeln kennen. Maßvolle Kooperationsbereitschaft ist von beiden Seiten gefragt.  Wer sofort mit übertrieben großen Geschützen auffährt, muss damit rechnen, jede Chance auf zukünftige Aufträge zu verwirken.

Eure Meinung

Schreibt uns eure Meinung zu dem Thema! Urheberrechtsverletzungen gehen uns alle an und die Bandbreite der Meinungen geht weit auseinander.

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